Porträt einer Ehrenamtlichen des Kinderprojektes OSTRALE Kunstgarten

Ehrenamtsagentur Sachsen

04.10.2021

„Wir müssen selbst zufrieden sein, damit wir dafür sorgen können, dass die Kinder zufrieden sind!“ Regine Moritz engagiert sich ehrenamtlich im Kinderprojekt OSTRALE Kunstgarten. Vergangene Woche waren wir zu Gast bei ihr in der OSTRALE-Basis in Dresden-Übigau und bekamen einen großartigen Einblick in das Herzensprojekt der 69-jährigen Dresdnerin.

„Es gibt nichts Schöneres, als wenn ich hier bin und die Kinder mit ihren Ideen zu mir kommen.“

Ehrenamt mit Herzblut

Lachfalten, lebendige Augen und energischer Schritt. Das ist Regine Moritz. Mit grauer Strickjacke und frechem Kurzhaarschnitt kommt sie uns auf dem OSTRALE-Gelände in Dresden-Übigau entgegen. Nach einer herzlichen Begrüßung eilt sie direkt weiter zu den Kindern. „Sie sind unten im Gewächshaus.“, ruft Marion Neumann ihr nach, Projektmitarbeiterin der OSTRALE - Zentrum für zeitgenössische Kunst, die uns gerade auf dem Gelände herumführt.

Verbindung von Nachhaltigkeit und Kunst

Wir sind zu Besuch in der Rethelgasse 45, seit April 2020 Hauptsitz des Zentrums für zeitgenössische Kunst. Bis 2019 wurde die „Uferhalle am Schloss“ von Eberhard Bosslet, Professor a.D. der Hochschule für Bildende Künste Dresden und Installations- und Skulptur-Künstler, als Atelier- und Ausstellungsgebäude benutzt. Kombinat prangt in großen Lettern am Eingangstor, ein Verweis auf die diesjährige Ausstellungslocation der Kunstbiennale in der ehemaligen Kantine des DDR-Kombinats Robotron. Linkerhand finden sich Hochbeete mit Paprikas und Kürbissen, in denen handbemalte Holzschilder Besucher zum Mitgießen und Naschen einladen. Entlang am mauvefarbigen Hauptgebäude und den zwei Ausstellungscontainern der Biennale begegnen wir Weinbergschnecken, welche sich zwischen Herbstastern, Lavendel und Fetthennen heimisch fühlen. Die Idee für den Kunstgarten hatte Andrea Hilger gleich beim Einzug in das neue Areal. Für die Leiterin der OSTRALE und freischaffende Künstlerin spielt Nachhaltigkeit auch persönlich eine wesentliche Rolle. „Ich möchte Nachhaltigkeit und zeitgenössische Kunst verbinden.“, sagt sie und führt uns am steinernen Hofhund und der berühmten roten Bank mit den Hirschgeweihen vorbei zum hinteren Teil des Gartens. Dort stehen in einem großen Gewächshaus zwei Dutzend Kinder zwischen fünf und sechs Jahren im Kreis und sprechen über ihre selbst gemalten Bilder. Unter ihnen Regine Moritz, die ehrenamtlich mit zwei Künstlerinnen der Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK Dresden), Veronika Pfaffinger und Taina Bemmerlein, das Projekt gemeinsam durchführt.

 

Leidenschaft für Kinder und Gärtnern

Die 69-Jährige Moritz ist gelernte Kinderkrankenschwester und Dipl.-Heilerziehungspflegerin. Sie hat ihr Leben lang mit Kindern gearbeitet und wollte auch nach ihrer Berufstätigkeit weiter aktiv mit anderen Menschen arbeiten, leben und denken. Auf der Suche nach Engagierten für den Kunstgarten wurde Marion Neumann aus dem OSTRALE-Team auf die leidenschaftliche Gärtnerin aufmerksam, welche als Gartenfachberaterin ehrenamtlich im Vorstand eines Kleingartenvereines in Übigau arbeitet. Dabei hat auch die Sympathie zwischen den beiden Frauen den Ausschlag dafür gegeben, dass Regine Moritz seit Mai 2021 von da an jede Woche ehrenamtlich im Kunstgarten die Kindergruppe betreut. Die patente Dame konnte sich anfänglich nichts so richtig unter einem Kunstgarten vorstellen, war aber bereits nach dem ersten Treffen positiv überrauscht: „Schon beim ersten Mal hat mir das Projekt sehr viel Freude gegeben. Da kommt so viel von den Kindern zurück. Es gibt nichts Schöneres, als wenn ich hier bin und die Kinder mit ihren Ideen zu mir kommen.“

Die innere Neugier von Kindern wecken

Der Garten selbst bestand am Anfang nur aus Wildpflanzen und Gras. „Wir mussten mit dem arbeiten, was wir haben. Also haben wir einfach angefangen.“, so Neumann, die das Projekt mit den Künstlerinnen der HfBK Dresden gemeinsam startete und die Grünflachen urbar machte. Durch eine Kooperation mit dem Kinderhaus Sonnenschein kommen seit Herbst 2020 jeden Dienstag Vorschulkinder in die Räthelgasse 45 – jeweils für ein Jahr bis zu ihrer Einschulung.
In einem ausrangierten Baucontainer hat sich das Kinderprojekt OSTRALE Kunstgarten ein Pflanzlabor eingerichtet, in dem Setzlinge gezogen werden und eine Kunstinstallation den Wasserlauf der Elbe widerspiegelt. Zusammen mit den Kindern haben Veronika und Taina Herbarien mit gepressten Sommerpflanzen angelegt. Zu jeder Jahreszeit soll ein neues Kunstwerk folgen. Als der Garten noch im ursprünglichen Zustand - halb verwildert - war, hat die Gruppe aus Schutt Mandalas gelegt. So verbinden sich die drei Elemente: Kinder, Kunst und Natur ganz harmonisch miteinander.
Regine Moritz bringt auch selbst Materialien und Pflanzen aus ihrem eigenem Garten mit zum Projekt. Damit sie das Gewicht leichter transportieren kann, hat sie ihren Handwagen dabei, den sie „Hawazuzi“ getauft hat: Handwagen zum Ziehen. Die Aufgaben für die Kinder entscheidet sie spontan von Woche zu Woche und bezieht dabei die Ideen der Gruppe mit ein: „Die Kinder sollen sich ausprobieren können. Ich möchte ihre innere Neugier wecken.“ Neulich sollten Rosenstöcke gepflanzt werden. „Da habe ich mit einem Spaten die Löcher vorgegraben und die Pflanzen eingesetzt. Die Kinder haben dann mit ihren Schäufelchen die Rosenwurzeln mit Erde bedeckt.“, erzählt sie uns.

Raum zum Kindsein

Heute beginnt die Stunde mit freiem Malen zu den Wünschen, die die Kinder für den Garten haben. Die Ideen werden laut besprochen und überlegt, welche davon umgesetzt werden können. Auf einem Bild ist ein Apfelbaum zu sehen. Regine Moritz ist anzusehen, dass sie schon überlegt, wo man diesen auf dem Gelände einpflanzen könnte. Danach geht es an die Kartoffelernte. Im kleinen Beet graben und ziehen die Kinder rote Kartoffeln aus der Erde. Man sieht wie neugierig und begeistert sie bei der Sache sind. Zwischendurch werden noch selbstgeerntete Paprikas genascht und Wallnüsse vom hauseigenen Nussbaum gesammelt. Moritz lenkt sie mit ihrer geduldigen, einfühlsamen Art, hört mit offenem Ohr deren Gedanken und Sorgen an, unterstützt sie in demselben Maße, wie sie ihnen Raum zum Toben, Rennen, Kindsein lässt. „Kinder sollen kennenlernen, wie das alles funktioniert im Garten. Wir wollen einen Zugang schaffen, über Lebensmittel nachzudenken. Darüber wieviel Arbeit das Pflanzen, Ernten und Zubereiten macht, das Lebensmittel nicht so sauber aus der Erde kommen, wie man sie im Supermarkt kauft.“

Junge Menschen für Ehrenamt begeistern

Als die Kinder auf dem Rückweg zur KITA sind - gleich gibt es Mittagessen - setzen wir uns mit Regine Moritz und Andrea Hilger noch ein wenig in das LOFT der OSTRALE.Basis zusammen und wollen wissen, was die nächsten Schritte für den Kunstgarten sind. „Der Garten sieht sich als Ort der offenen Türen. Wir möchten ihn so einladend gestalten, dass Neugierige und Besucher hier jederzeit vorbeikommen können.“ , so Hilger.
Es fällt auf, dass die Entwicklung im Ehrenamt zu punktuellem, anlassbezogenem Engagement geht. Was kann man tun, um junge Menschen für freiwilliges Engagement zu begeistern? „Es ist wichtig, auf die jungen Leute einzugehen, ihnen Raum und Verantwortung zu geben und sie bei der Umsetzung ihrer eigenen Vorstellungen zu unterstützen.“, schätzt Moritz ein.
Die lebensoffene Rentnerin ist eine der wenigen Ehrenamtlichen, die das OSTRALE-Team regelmäßig unterstützt und bringt viele eigene Ideen und Erfahrungen mit in den Kunstgarten ein. Beim nächsten Mal will Regine Moritz eine Kiste alter Trinkgläser auf ihrem Hawazuzi mitbringen und diese mit den Kindern mit Naturmaterialien frei gestalten. Wir sind gespannt auf die Entwicklung des Naturgartens und freuen uns schon auf den nächsten Besuch!

 

Über die OSTRALE

Die OSTRALE – Zentrum für zeitgenössische Kunst ist als gemeinnütziger Verein der Träger und die Plattform für die OSTRALE Biennale.  Sie ist die drittgrößte internationale Ausstellung für zeitgenössische Künste in Deutschland und findet seit 2007 jährlich in den Sommermonaten statt, seit 2017 zweijährig.
Trotz den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie zählte die diesjährige Ausgabe der internationale Biennale „Atemwende“ rund 25.000 Besucher.

// Alle Informationen rund um die internationale Kunstausstellung sowie deren aktuelle Projekte finden Sie auf der OSTRALE-Homepage.

 

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